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Der verfassungsgerechte Maklerlohn

– Publikationen

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Bei der Neuregelung geht es nicht nur um das Bestellerprinzip von BASTIAN HIRSCH

FRANKFURT, 22. November  Die aktuelle Diskussion um die Einführung eines Bestellerprinzips beim Immobilienverkauf sollte genutzt werden, klare gesetzliche Vorschriften bei der Maklerentlohnung, zu schaffen. Die derzeitigen Regelungen sind streitanfällig. Dabei sollte nicht nur die Frage geklärt werden, wer die Provision zu bezahlen hat: der Käufer, der Verkäufer oder ob beide diese untereinander teilen.

Es gibt darüber hinaus weitere Knackpunkte, die gelöst werden sollten. Im Bürgerlichen Gesetzbuch befassen sich lediglich vier Paragraphen mit dem Maklerrecht im Zusammenhang mit Immobilien (§§ 652-655 BGB). Deren Auslegung und praktische Anwendung fußt größtenteils auf den Urteilen der Rechtsprechung. Davon gibt es unüberschaubar viele sowie teils auf bestimmte Regionen bezogene  Entscheidungen, die sich manchmal gar widersprechen.

Die aktuelle Diskussion, ob beim Kauf einer Immobilie ein Bestellerprinzip eingeführt werden soll, wie es bei der Wohnungsvermietung seit Juni 2015 gilt, nahm im Sommer Fahrt auf. Da zumeist der Verkäufer den Makler beauftragt, wäre es an ihm, diese Leistungen zu bezahlen. Die Grünen stellten im Bundestag einen Antrag, der neben diesem Bestellerprinzip auch eine Deckelung der Provision auf 2 Prozent des Kaufpreises vorsieht. Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) griff diesen Gedanken Ende Oktober auf und sprach sich in einem Zeitungsinterview für eine „rasche" Einführung des Bestellerprinzips aus, ohne einen konkreten Termin zu nennen. Dies führte zu umfangreichen Diskussionen und diversen Lösungsvorschläge einzelner Maklerfirmen und auch der Interessenvertretungen der Branche. Es wurde bereits mit einer Verfassungsbeschwerde gedroht, bevor überhaupt ein Gesetzesentwurf vorliegt.

Zu vielen Unklarheiten und Unverständnis führen bei Verbrauchern, aber auch Unternehmen und ausländischen Investoren die Unübersichtlichkeit und die teils erheblichen Unterschiede der Provisionssätze in den einzelnen Regionen beziehungsweise Bundesländern, die sogenannte Ortsüblichkeit. Für die gleiche Leistung muss ein Immobilienkäufer in Berlin 6 Prozent Provision vom Kaufpreis bezahlen, in Hessen 5 Prozent. In Nordrhein-Westfalen und den meisten anderen Bundesländern wiederum wird die Provision zwischen Verkäufer und Käufer geteilt. Jeder zahlt 3 Prozent. Zu diesen Provisionssätzen kommen jeweils 19 Prozent Umsatzsteuer. Kompliziert könnte es bei der Einführung des Bestellerprinzips werden, eine Regelung zu finden, welche die freie Berufsausübung des Maklers nicht verfassungswidrig begrenzt. Die freie Berufsausübung ist von Artikel 12 Abs. 1 des Grundgesetzes geschützt. Bei der Vermietung hatte das Bundesverfassungsgericht im Sommer 2016 geurteilt, dass der hierdurch erfolgende Eingriff in das Berufsrecht durch das Bestellerprinzip hinzunehmen sei. Denn das Allgemeinwohl, dass auch Menschen mit geringen Einkommen eine Wohnung wechseln können, und entsprechende soziale Gründe seien hier vorrangig.

Beim Kauf eigener vier Wände ist dieser soziale Begründungsansatz zumindest fraglich, falls auch hier ein Bestellerprinzip kommt. Geklärt werden müssten ferner Fälle, wenn nicht Verbraucher Liegenschaften veräußern, sondern die Transaktion zwischen Unternehmen stattfindet oder keine Wohnimmobilien zur Selbstnutzung, sondern Mietshäuser als Anlageobjekte oder Gewerbeimmobilien den Eigentümer wechseln. Diese Prüfung wird die Hauptaufgabe des Gesetzgebers sein, um ein entsprechendes Gesetz „verfassungsfest" begründen zu können. Hierauf weisen auch die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages im Zusammenhang mit einem möglichen Gesetz zum Bestellerprinzip bei Immobilientransaktionen ausdrücklich hin.

Grundsätzlich  besteht eine Vertragsfreiheit der Parteien dahingehend,  wer mit wem was vereinbart. Würde man die Ortsüblichkeit einzelner Regionen, dass Verkäufer und Käufer die Maklerprovision je zur Hälfte bezahlen, in ein Gesetz gießen, könnten ebenfalls neue Risiken entstehen. Hier besteht   das Problem, dass gegebenenfalls ein Vertrag zu Lasten Dritter erfolgen würde. Dies ist an sich unzulässig und könnte in die Vertragsfreiheit eingreifen. Denkbar wären auch ganz neue Vergütungsformeln. An Stelle einer kaufpreisabhängigen Courtage als Pauschale könnten eine aufwandsbezogene Bezahlung treten oder feste Vergütungssätze, wie sie unter anderem bei Rechtsanwälten, Steuerberatern und Notaren vorherrschen. Vorstellbar wäre auch ein Mix aus einem Vergütungsanteil, der sich am Grundstückswert orientiert, und einem zweiten, der sich am Aufwand des Vermittlers bemisst. Der Gesetzgeber müsste also einige dicke Bretter bohren. Aber der Aufwand kann sich lohnen, falls am Ende mehr Transparenz geschaffen und die Zahl potentieller Streitherde reduziert wird.

Der Autor ist Rechtsanwalt in der Kanzlei HauckSchuchardt in Frankfurt.