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Hohe Inflation lässt Gewerbe- und Wohnungsmieten steigen

– In der Presse

FAZ

In Deutschland ist die Teuerungsrate so hoch wie seit 40 Jahren nicht. Im April lag sie bei 7,4 Prozent. Mieter mit Indexmietvertrag müssen mit stärkeren Mieterhöhungen rechnen als in der Vergangenheit. Dennoch gibt es viele Gründe, die für Indexverträge sprechen, sowohl im Wohn- wie im Gewerbeimmobilienbereich.

Bei der Vermietung von Gewerbeflächen sind Indexmietverträge seit vielen Jahrzehnten üblich. Im Wohnungsbereich erleben sie vor allem in Ballungsregionen eine stärkere Verbreitung. Haus & Grund München schätzt, dass im Großraum der Landeshauptstadt etwa 60 bis 70 Prozent der neu abgeschlossenen Wohnungsmietverträge indexiert sind.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Mieterhöhungen auf Basis des Verbraucherpreisindexes (VPI) sind transparent und leicht recherchierbar. Das statistische Bundesamt (Destatis) veröffentlicht im Monatsrhythmus die Zahlen. Außerdem gibt es für Vermieter Online-Rechner, die ihnen dabei helfen, die angepasste Kaltmiete auf Basis des erhöhten VPI neu zu kalkulieren. Überdies werden Indexverträge grundsätzlich als fair erachtet, weil damit ein Rückgang des Geldwertes, also der Kaufkraft, ausgeglichen wird.

Bei Mieterhöhungen nach Modernisierungsarbeiten oder auf Grundlage von Vergleichsmieten ist die Erhöhung hingegen komplizierter; in der Praxis kommt es häufiger zum Streit. Immer wieder werden die von den Kommunen erhobenen Daten von Mietspiegeln von Gerichten als unzureichend bewertet. Das Amtsgericht Spandau erklärte beispielsweise im Januar den Berliner Mietspiegel 2021 für nichtig. Es urteilte, dass Mieterhöhungsverlangen nicht auf diesen gestützt werden können, weil er weder ein qualifizierter noch ein einfacher Mietspiegel ist. Er galt für circa 1,4 Millionen Berliner Wohnungen.

Bei Gewerbemietverträgen gibt es zudem viele Gestaltungsmöglichkeiten bei der Vereinbarung dieser Wertsicherungsklausel. Neben dem VPI können auch andere Indexe herangezogen werden wie der Einzelhandels- oder Baupreisindex. Auch ist denkbar, bei einer indexbedingten Mieterhöhung nicht die gesamte prozentuale Steigerung weiterzugeben, sondern die Erhöhung beispielsweise auf 60 Prozent der Indexsteigerung zu begrenzen.

Bei den Anpassungsmodalitäten im Gewerbemietrecht unterscheidet man außerdem zwischen echten und unechten Gleitklauseln. Wird eine echte Gleitklausel vereinbart, ändert sich mit der Bezugsgröße automatisch die Kaltmiete. Diese Klausel darf allerdings nur für Verträge abgeschlossen werden, die mindestens eine Laufzeit von zehn Jahren haben. Der Vermieter muss auf die Dauer von mindestens zehn Jahren auf das Recht zur ordentlichen Kündigung verzichten oder der Mieter das Recht haben, die Vertragsdauer auf mindestens zehn Jahre zu verlängern.

Bei einer unechten Gleitklausel ist die Anpassung an verschiedene Faktoren gebunden. Zumeist wird vereinbart, dass bei einer Veränderung des zugrunde gelegten Index über eine gewisse Schwelle die Angemessenheit der Miete überprüft und diese gegebenenfalls neu vereinbart wird.

Egal ob Bürofläche oder Mietwohnung: die Preisanpassung bei Indexverträgen bezieht sich immer auf die vereinbarte Grundmiete.

In den zurückliegenden Jahren mit einer geringen Inflation belief sich die Mietsteigerung in der Regel auf jährlich 1,5 Prozent. Bei der aktuell beträchtlichen Teuerungsrate bedeutet dies exemplarisch für einen Wohnungsmieter in Frankfurt, der am 1. März 2021 eine Wohnung für 1.600 Euro Kaltmiete angemietet hat, dass seine Grundmiete um 7,3 Prozent auf nunmehr 1.716,80 Euro steigen kann. Denn im März 2021 lag der VPI bei 107,5 Punkten, im März 2022 bei 115,3. Dies entspricht einer Erhöhung um 7,8 Punkte beziehungsweise 7,3 Prozent.

Eine neu berechnete Indexmiete kann bei Mietwohnungen erst zum übernächsten Monat und nach schriftlicher Ankündigung erhoben werden. Davor muss sie Wohnungsmiete mindestens ein Jahr lang stabil gewesen sein. Eine Indexanpassung kann nicht mit Erhöhungen nach Modernisierungsmaßnahmen verknüpft werden. Im Mietvertrag wird häufig vereinbart, dass die Angleichung erst erfolgt, sobald die VPI-Erhöhung eine gewisse Schwelle überspringt, etwa von einem Prozentpunkt.

Die derzeit hohe Inflation darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass in Ballungsregionen in den zurückliegenden Jahren die meisten Wohnungsmieter mit Indexverträgen besser gefahren sind als mit Verträgen mit anderen Erhöhungsmöglichkeiten: Die Zunahmen der Vergleichsmieten lagen oft über denen der Lebenshaltungskosten.

Die ungewöhnlich hohen Preissteigerungen könnten auch wieder abklingen, sobald sich die Ausgangslage, Pandemie und Ukraine-Krieg, ändert. Sinkt der im Mietvertrag festgelegte Index, muss auch die Kaltmiete reduziert werden. Diese Möglichkeit darf weder in Gewerbe- noch in Wohnungsmietverträgen ausgeschlossen werden.

Der Autor ist Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei HauckSchuchardt in Frankfurt am Main.