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Verteilerschlüssel: Dauerhafte Änderung schwierig

– Aktuelles

Immobilien Zeitung

WEG RECHT

Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist zur ordnungsgemäßen Instandhaltung und -setzung des Gemeinschaftseigentums verpflichtet. Um eine Umverteilung der Kostenlast innerhalb der Gemeinschaft zu erreichen, wird häufig die Zuordnung von Fenstern, Heizkörpern, Balkonen oder Wohnungstüren zum Gemeinschafts- oder Sondereigentum angepasst. Doch wollen Wohnungseigentümergemeinschaften die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Eigentümer für Instandhaltungsarbeiten ändern, müssen sie dabei laut Gastautorin Rechtsanwältin Stefanie Ann Krieger einige Regeln beachten.

Eine Änderung der Kostenverteilung ist nicht nur durch die Umwandlung von Sondereigentum im Gemeinschaftseigentum – zu erreichen. Es kann für bestimmte Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum auch lediglich der Verteilerschlüssel geändert werden. Dabei gelten unterschiedliche Bedingungen: Wird der Verteilerschlüssel für eine einzelne Maßnahme geändert, müssen andere Voraussetzungen erfüllt werden. Als bei einer dauerhaften Neuordnung. Mit einer Öffnungsklausel in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung kann die Eigentümerschaft Anpassungen vereinfachen. Auch die Gerichte reden gerne ein Wörtchen mit und unterbinden Schlüsseländerungen, bei denen Eigentümer durch Mehrheitsbeschlüsse überstimmt und unangemessen benachteiligt werden.

Erheblicher Kostenaufwand für die Eigentümer

Anstehende Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum können für die Eigentümer mit erheblichen Kosten verbunden sein. Steht die Reparatur von Einrichtungen an, die sich zwar in den Räumen der einzelnen Wohnungseigentümer befinden, aber zum Gemeinschaftseigentum gehören, kann die Gemeinschaft ein Interesse daran haben, diese Ausgaben nicht mittragen zu müssen. Dazu zählen beispielsweise die Wohnungsfenster. Haben die einzelnen Wohnungen unterschiedlich viele und unterschiedlich große Fenster (Penthousewohnung im Dachgeschoss mit Fensterfronten gegenüber Wohnungen mit herkömmlichen Fenstern), kann es gerechter sein, den Verteilerschlüssel nach der Anzahl der Fenster pro Wohnung festzusetzen.
Entsprechendes gilt für die konstruktiven Balkonteile sowie für Garagen oder Stellplätze und weitere Einrichtungen, die zwar Gemeinschaftseigentum sind, aber ausschließlich von einzelnen Eigentümern genutzt werden. Hier kann die Gemeinschaft vereinbaren, dass für diese Instandhaltung ausschließlich die Nutzungsberechtigten herangezogen werden.

Schlüsseländerung für Einzelfall und Dauer

Wohnungseigentumsgesetz (WEG) grundsätzlich nach dem Verhältnis der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile. Die Wohnungseigentümer können jedoch gemäß § 16 Abs. 4 WEG zur Instandhaltung oder Instandsetzung (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG) beziehungsweise für bauliche Veränderungen  oder Aufwendungen (§ 22 Abs. 1 und 2 WEG) durch Beschluss einen abweichenden Verteilerschlüssel für die Kostenumlage vereinbaren. Dieser muss dem Gebrauch der Wohnungseigentümer Rechnung tragen. Entsprechend können diese beispielsweise beschließen, dass die Kosten für das Streichen der Fenster nach deren Anzahl pro Wohnung abgerechnet werden.
Für einen solchen Beschluss ist eine doppelte qualifizierte Mehrheit erforderlich: Das heiß, drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer müssen für die Änderung stimmen. Diese müssen zugleich mehr als die Hälfte der Mieteigentumsanteile repräsentieren. Eine solche Änderung darf nur für einen Einzelfall getroffen werden, etwa für bestimmte anstehende Sanierungsarbeiten. Den Wohnungseigentümern fehlt grundsätzlich die Kompetenz, im Wege einer Mehrheitsentscheidung eine Kostenregelung zu vereinbaren, die über die konkrete Maßnahme hinaus zu einer generellen Abweichung von der gesetzlichen oder der in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten Kostenverteilung führt. Ein solcher Beschluss wäre nichtig (BGH, Urteil vom 25. September 2009, Az. V ZR 33/09).
Will die Wohnungseigentümergemeinschaft die Kostenverteilung für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen generell ändern, ist eine Modifizierung der Gemeinschaftsordnung nötig. Dafür ist die Zustimmung aller Eigentümer erforderlich. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn im Vorfeld in der Gemeinschaftsordnung oder Teilungserklärung eine Öffnungsklausel vereinbart wurde, nach der ein Mehrheitsbeschluss ausreicht. Lässt die Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung eine generelle Anpassung des Verteilerschlüssels per Mehrheitsbeschluss zu, ist diese nur zulässig, sofern ein sachlicher Grund vorliegt. Kein Eigentümer darf aufgrund der Neuregelung gegenüber dem früheren Rechtszustand unbillig benachteiligt werden (BGH, Beschluss vom 27. Juni 1985, Az: VII ZB 21/84). Das OLG Hamm erklärte beispielsweise den Mehrheitsbeschluss einer Eigentümergemeinschaft für ungültig, mit dem diese den Verteilungsschlüssel für Müllgebühren dahingehend änderte, dass die Eigentümer, die seltener zu Hause sind, weniger bezahlen sollten als diejenigen,  die häufiger ihre Wohnung nutzen.  Diese Regelung würde die Rechte der Minderheit unbillig beschneiden, weil sie nur privaten Sonderinteressenten einzelner Wohnungseigentümer Rechnung trage, so die Richter. Es sei eine private Entscheidung des einzelnen Eigentümers, in welchem Umfang er seine Wohnung nutze (Beschluss vom 28. Februar  2000, Az. 15 W 349/99).

Eintragung im Grundbuch erforderlich

Sollen Änderungen der Gemeinschaftsordnung  gegenüber Rechtsnachfolgern der Eigentümer wirken, müssen diese im Grundbuch eingetragen werden. Die Erklärungen der Wohnungseigentümer müssen durch öffentlich beglaubigte Urkunden (§ 29 Grundbuchordnung) nachgewiesen, schriftlich abgegeben und die Unterschriften von einem Notar beglaubigt werden. 
Um unerwünschte Folgekosten zu vermeiden, kann auf diesem Weg in der Gemeinschaftsordnung geregelt werden,  dass die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht für bestimmte, im Gemeinschaftseigentum stehende Einrichtungen und die hierfür anfallenden Kosten nicht die Eigentümergemeinschaft trägt. Verbreitet sind die Vertragsinhalte, denen gemäß derjenige Eigentümer die Kostenlast zu tragen hat, in dessen Bereich sich diese Einrichtungen befinden. Dies wird häufig auf die im Gemeinschaftseigentum stehenden Wohnungseingangstüren, Fenster, Rollläden und Markisen sowie die konstruktiven Teile von Balkonen und Terrassen angewandt.

Regelung für finanzschwache Miteigentümer

Die Aufwendung für Sanierungsmaßnahmen von Sondereigentum an einer Wohnung trägt der jeweilige Wohnungseigentümer. Nicht  jeder verfügt jedoch über die entsprechenden finanziellen Mittel. In diesem Fall kann es zweckmäßig sein, durch die Gestaltung der Gemeinschaftsordnung bestimmte Bestandteile des Gebäudes im Gemeinschaftseigentum zu belassen, sodass anfallende Instandhaltungsausgaben von der Gemeinschaft zu tragen wären. 
Die Regelung des § 5 Abs. 3 WEG stellt klar, dass sondereigentumsfähige Gebäudebestandteile im gemeinschaftlichen Eigentum verbleiben können. Hierzu zählen beispielsweise Heizkörper innerhalb des Sondereigentums sowie Wohnungseingangstüren und nicht tragende Innenwände. Balkone werden ebenfalls als sondereigentumsfähig angesehen, wobei die konstruktiven Elemente (Brüstungen, Decken, Türen, Bodenplatte) zwingend Gemeinschaftseigentum sind (OLG München, Beschluss vom 30. Januar 2007, Az. 34 Wx 116/06).  An den im Gebäudebestandseigentümern kann ein Sondernutzungsrecht eingeräumt werden, wie es so oftmals für Balkone oder Dachterrassen gehandhabt wird. 
Soll bestehendes Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum umgewandelt werden, sind hierfür jedoch die Einigung aller Wohnungseigentümer in der für die Auflassung vorgeschriebenen Form sowie die Eintragung der Änderung in das Grundbuch erforderlich.
Bevor eine solche Umwandlung angestrengt wird, ist zu bedenken: Die anderen Wohnungseigentümer werden im Hinblick auf die Kostenverteilung einer derartigen Änderung vermutlich nur zustimmen, sofern die Kosten für Instandhaltung und -setzung der dem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gebäudeteile in der Gemeinschaftsordnung wieder dem Sondernutzungsberechtigten auferlegt werden. Die Eigentümergemeinschaft hätte damit unter dem Strich bei der Kostenverteilung keine Veränderung realisiert.

Es empfiehlt sich eine Instandhaltungsrücklage

Als Lösung bietet sich an, in der Gemeinschaftsordnung eine gesonderte Instandhaltungsrücklage festzulegen, die sich auf diese dem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gebäudeteile erstreckt. Dank der Zahlung in Raten fällt es den Eigentümern vermutlich leichter,  die Summe für diese Instandhaltungsausgaben aufzubringen, als wenn diese als Sonderumlage auf einen Schlag gezahlt werden müssten.
Zudem kann die Eigentümergemeinschaft beziehungsweise ihr Verwalter schnell reagieren, falls ein Eigentümer mit seiner Zahlung in Rückstand ist.

Die Autorin:
Stefanie Ann Krieger ist Rechtsanwältin bei HauckSchuchardt, einer Partnerschaftsgesellschaft von Steuerberatern und Rechtsanwälten in Frankfurt am Main. Die Kanzlei ist auf dem Immobilienwirtschaftsrecht spezialisiert und hat die Internetadresse www.hauckschuchardt.com.